Heimatpreis 2020

Jetzt kann man sich natürlich fragen, watt is' denn jetzt schon wieder ein Heimatpreis? Der Preis, den ich zahlen muss um in Marl zu wohnen? Wohl kaum!

Mit dem Heimatpreis würdigt die Stadt Marl das Engagement der ehrenamtlich aktiven Bürgerinnen und Bürger sowie Vereine, die ihre Heimat vorbildlich gestalten sowie Stadtgeschichte und kulturelles Erbe sichtbar machen. Die finanziellen Mittel stammen aus dem Fördertopf "Heimat. Zukunft. Nordrhein-Westfalen. Wir fördern, was Menschen verbindet" des Landes NRW. Nu' weisse Bescheid!

Hört sich erst einmal wild an, ist es aber auch. Wenn man aber nun davon gehört hat und es kommt auch noch erschwerend hinzu, dass der Preis mit insgesamt 5000,00 Euro für die ersten drei Plätze dotiert ist, dann will man ihn, mit Blick auf die immer gähnend leeren Projektkassen, natürlich auch haben.

An den Projekten kann es in der Brinkfortsheide nicht liegen. Nenne mir einen Fördertopf und ich nenne dir unser passendes Projekt.

Und nach einem gescheiterten Versuch 2019 hat es 2020 dann doch noch geklappt. In der Laudatio zur Preisverleihung wurde gesagt, dass wir insbesondere durch "die Pflege des heimat-, traditions- und naturverbundenen kulturellen Erbes der Kleingartenvereine" beindruckt hätten. Rumms! Das kam jetzt ohne Vorwarnung und deshalb sollten wir das erst einmal ein paar Minuten auf uns wirken lassen.

So, alle wieder da? Dann noch einmal kurz durchatmen und es kann weiter gehen!

Um in einer Laudatio soetwas hören zu dürfen, musste man natürlich einen recht umfangreichen Antrag mit wohl ausformulierten Fragen bearbeiten. Wir sind schließlich in Deutschland und da kann man nicht ohne ein gehöriges Maß an bürokratischen Hürden. Aber, wie gesagt, wir hatten Blut geleckt und da lassen wir uns von solchen Kleinigkeiten nicht aufhalten. Ausführlich haben wir dann zum Beispiel zu folgenden Themenbereichen Stellung genommen:

- "Das ehrenamtliche Engagement (das politische Ehrenamt ist ausgenommen) kann wie folgt beschrieben werden:" (Man merkt, es geht locker los, um nicht gleich zu Anfang alle zu verlieren)

- "Die Verwurzelung innerhalb der Stadt(-teile) und Berücksichtigung lokaler Besonderheiten kann dokumentiert werden durch:" (Berücksichtigung lokaler Besonderheiten! Merkse? Geht langsam los!)

- "Identitätsstiftende Ziele und Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes werden/wird verfolgt/erreicht durch:" (So, jetzt haben wir richtig an Fahrt aufgenommen!)

- "Für den Erhalt von Tradition und Brauchtumspflege und die öffentliche Sichtbarmachung von Stadtgeschichte und kulturellem Erbe setzt sich die/der Antragsteller*in wie folgt ein:" (Läuft!)

Aber natürlich gab es auch den Punkt "Das Preisgeld würde als Anschubfinanzierung für folgende innovative, heimatverbundene Projekte verwendet:". Und da haben wir das Folgende geschrieben:

"Das Ruhrgebiet und insbesondere Marl sind, wie kaum eine andere Region bzw. Stadt, mit dem Bergbau so eng verbunden (gewesen). Als eine der letzten Zechen in Deutschland wurde Auguste Victoria geschlossen. Der Bergbau ist unserer Meinung nach das kulturelle Erbe schlechthin, mit dem viele Menschen in Marl den Begriff Heimat verbinden. Aber es gibt kaum etwas in Marl, das an dieses Erbe erinnert.
Wir haben in unserer Kleingartenanlage 8 Stromverteilerkästen mit einer Abmessung von 700x900mm. Auf die Türen dieser Verteilerkästen wollen wir Fotos aus dem Bergbau folieren lassen. Ausführen würde dies die Firma Toplak aus Marl. Wir müssten aber die Türen entsprechend nach Vorgabe vorbereiten. Man kann sich dies vorstellen, wie das Folieren von Autos. Entsprechend hoch ist auch die Qualität und die Beständigkeit. Bei den Fotos geht es uns insbesondere um Fotos von Untertage auf denen Menschen abgebildet sind, Kumpels eben. Nichts hat das Bild des Bergbaus so geprägt, wie die Kumpels. Es sollen dann noch kurze informative Texte zur dargestellten Szene implementiert werden. Des Weiteren wollen wir auf die Wand an unserem Vereinshaus den stilisierten Förderturm der Schachtanlage 3/7 von einer Künstlerin malen lassen."

Jau! Und das haben wir dann mit den Antworten zu den anderen Punkten bei der Jury eingereicht. Am 18. Januar wurden wir dann von unserem Bürgermeister Werner Arndt schriftlich darüber informiert, dass uns der erste Preis und das damit verbundene Preisgeld in Höhe von 2.500,00 Euro verliehen werde. Man kann sich vorstellen, was da bei uns los war. Nach Wochen des Feierns und der Glückseligkeit kam dann aber die Ernüchterung, dass wir das Projekt ja nun auch umsetzen mussten. Und da könnte man eine komplette Buchreihe zu schreiben.

Vielleicht nur soviel dazu. Die vorbereitenden Arbeiten gingen noch locker von der Hand. Stromkästen abschleifen. Spezialfarbe besorgen, die auch auf GFK langfristig hält. Farbe auftragen. Betonsockel der Stromkästen sanieren und streichen. Die Wand an der Vereinshauspergola grundieren und streichen. Aber dann war da ja noch die Sache mit den Bildern aus dem Bergbau bei gleichzeitigem Bezug zu Marl.

Ja klar! Das Internet! Unendliche Weiten und Bilder in Hülle und Fülle. Kann man machen, sollte man aber lieber nicht! Es gibt nämlich das klitzekleine Problem, die Rechte für die Veröffentlichung der Bilder zugesprochen zu bekommen. Also wen fragen? Die RAG! Wen sonst? Bei der RAG kannten wir am Ende jede Menge Doktoren und sonstige unheimlich wichtige Leute, die dann aber doch nichts damit zu tun hatten. Das Bergbaumuseum in Bochum! Gute Idee! Von dort haben wir erst einmal ein ellenlanges Manuskript erhalten, in dem erklärt wird, unter welchen Umständen man überhaupt nach Bildern fragen darf. Nach fünf Monaten mit wirklich spannenden Gesprächen, unzähligen E-Mails und netten Telefonaten hatten wir immer noch nicht ein einziges Foto. Aber da müssen schon ganz andere Sachen passieren, um einen Kleingärtner niederzuringen. Vom Regionalverband Ruhr haben wir die Zugangsberechtigung zu einer, jetzt kommt es, Schrägluftbilddatenbank erhalten. Hier haben wir einige tolle Aufnahmen gefunden und auch die Berechtigung zur Veröffentlichung erhalten. Vielen Dank dafür. Aber die glücklichste Wendung nahm das ganze Unterfangen als wir über zwanzig Ecken den Kontakt zu dem Heimatforscher Helmut Madynski aufnehmen konnten, der unter anderem auch der Autor des Buches "Bergbau in Marl" ist. Herr Madynski ist ein bewundernswerter Mensch, der mit seinen damals 92 Jahren wirklich zu jedem Ort und Ereignis in Marl ein Foto aus den verschiedenen Epochen hatte und auch noch zu jedem Bild die passende Geschichte zu erzählen wusste. Hier waren wir endlich am Ziel angekommen. Vielen Dank noch einmal an Herrn Madynski für die fantastischen Aufnahmen.

Für das Wandbild an der Vereinshauspergola haben wir aus einem Bild des Fördergerüstes der Schachtanlage 3/7 eine stilisierte Grafik abgeleitet.

  So sollte es aussehen, auf der oben abgeschrägten Wand mit drei Fenstern.  

Über einen Beamer wurden die Konturen dann auf die Wand projiziert und von Hand mit Bleistift übertragen. Hat ein bischen gedauert, war aber lustig.

  So sah es aus, wenn wir das Bild über den Beamer auf die Wand projiziert hatten.  
 
  Und so, wenn die Männer fürs Feine die Konturen abzeichnen. Wir hatten extra noch eine Grafik, auf der nur die Konturen abgebildet waren. Das hat es erheblich einfacher gemacht. Obwohl! Wir haben das Foto aus gutem Grunde von hinten gemacht, damit wir die, sagen wir mal, extrem konzentrierten Gesichter, natürlich mit Zunge zwischen den Zähnen, nicht zeigen müssen. Und das ist auch wirklich besser so!  

Zwei Künstlerinnen haben dann die finale Kolorierung übernommen, mit einem Ergebnis, das seinesgleichen sucht.

Mit der Firma Toplak in Marl hatten wir auch genau den richtigen Partner für das Folieren der Stromkastentüren gefunden. Wir hatten zunächst die Motive für die einzelnen Türen zusammengestellt, um dann mit Firma Toplak die erforderliche Auflösung und die Dateiformate zu besprechen. Jetzt konnten wir aber nicht alle Türen gleichzeitig zu Fa. Toplak bringen, da wir die Kästen, mit dem dann möglichen Zugang zu Starkstrom, ja nicht einfach so offen stehen lassen konnten. Wir haben dann immer zwei Kästen gesichert, bis die Türen wieder abgeholt wurden, um dann die nächsten in Angriff nehmen zu können. Ein riesiger Aufwand für alle, aber Fa. Toplak hat uns glücklicherweise ohne jegliches Murren erduldet. Und das Ergebnis hat unsere Erwartungen qualitativ bei Weitem übertroffen. Aus diesem Grunde haben wir uns dann auch noch dazu entschieden, die drei Fenster mit halbtransparenten Folien beschichten zu lassen. Dies führte zu einer optimalen Ergänzung des Motivs und dazu, dass die Vögel nicht mehr gegen die Scheiben geflogen sind. Über Letzteres sind wir besonders froh. Und es ist auch nicht so, dass zu wenig Licht durch die Folien dringen würde. 

Die offizielle Verleihung des Heimatpreises 2020 fand dann erst am 29.10.2021 statt und das auch nur in einem kleineren Rahmen in unserer Kleingartenanlage. Warum? Wir erinnern uns! Corona!!! Ja, da war doch was! Anwesend waren 25 Personen bestehend aus den Preisträgern, Jurymitgliedern, Vertretern der Stadt und der Politik sowie der Presse.

  In dem ganzen Stress haben wir vergessen ein Bild mit allen Anwesenden zu machen. Aber wir haben zumindest ein Foto mit den drei Preisträgern. von links: Kulturdezernentin Claudia Schwidrik-Grebe, der Kleingartenverein Brinkfortsheide e.V. als erster Sieger, der Lokalhistoriker Klaus Mohr als zweiter Sieger, die Förderer des Guido Heilandbades als dritte Sieger, der Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Weiterbildung Karl-Heinz Dargel.  

Die Stromkästen und das Bild am Vereinshaus hatten wir durch entsprechende Lichtinstallationen in Szene gesetzt, sodass die Vorstellung der Projektumsetzung zu einem tollen Erlebnis wurde. Natürlich wurde bei dem Rundgang jedes einzelne Bild ausgiebig erläutert und selbstverständlich auch nicht ohne zu Vergessen, die Vorzüge der Kleingartenanlage Brinkfortsheide in jedem erdenklichen Detail hervorzuheben. Hier und da wurde gaaanz beiläufig erwähnt, welche Projekte noch anstehen und wo eine weitere Förderung noch von Nöten sein könnte.

  Unser Erklärbär in Aktion! Und wie man sieht, wenn man dem was überreicht, läßt er es auch nicht mehr los. Wir konnten das aber später noch operativ aus seinen Händen entfernen.  

Wir sind unendlich dankbar, dass es solche Förderungen, wie den Heimatpreis, gibt und hoffen, dass das Ergebnis auch euch begeistern kann. Also Hintern hoch, Schuhe angezogen und auf zur Kleingartenanlage Brinkfortsheide. An der Lampe im Eingangsbereich findet ihr den unten dargestellten Lageplan, dem ihr die Position der einzelnen Bilder entnehmen könnt.

Ihr werdet sehen, es gibt auch noch sehr viele andere spannende Sachen in unserer Anlage zu entdecken und zu bestaunen. Aber Vorsicht! Es ist so schön in unserer Anlage, dass man das fast gar nicht mehr aushalten kann. Also bis gleich! Wir freuen uns auf euch!


zum Seitenanfang